Die Architektur von Burg und Stadt Blankenberg

In strategisch günstiger Lage liegt sie auf einem Bergsporn über der Sieg. Was viele nicht wissen: Blankenberg ist die größte zusammenhängende Befestigungsanlage des Rheinlandes und eine der größten in Deutschland. Ihre Geschichte ist geprägt von Höhen und Tiefen. Und gerade das macht sie so faszinierend, auch im Hinblick auf die mittelalterliche Architektur.

Die Anlage gliedert sich in vier Teile:

Zum Vergrößern auf das Bild klicken. (Foto: Eigene Aufnahme)
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Unterschätzte Dimensionen

Die beiden Teile der Burganlage bilden mit etwa 270 m Länge ⁽¹⁾ einen gewaltigen Burgkomplex und umfassen mit ihren Mauern eine Fläche von ca. 10.000 m². Das ist das Zehnfache dessen, was eine durchschnittliche Burg im Hochmittelalter zu bieten hatte ⁽²⁾. Zum Vergleich: Die Wartburg misst ungefähr 150 m Länge bei 4900 m² Grundfläche, Burg Altena ist 188 m lang und umfasst ca. 4700 m². Burg Eltz kommt bei 122 m Länge auf 5100 m².

Die gesamte Blankenberger Befestigungsanlage, also Burg und Stadt, kommt auf 700 m Länge und 8 ha Fläche. Die Mauern haben eine Länge von fast 2 km. Auch hier lohnt sich ein Blick auf ähnliche Bauwerke in der Nähe: Die Stadtmauer von Siegburg hatte damals ebenfalls ca. 2 km Länge, die Bonner Stadtbefestigung war 2,7 km lang und Köln hatte mit 7,5 km die längste Stadtmauer des Reiches ⁽³⁾. Dieser Vergleich mit Mittel- und Großstädten mag zwar in mancher Hinsicht hinken, aber er zeigt, in welcher Liga die Grafen von Sayn spielen wollten. Sie errichteten keinen gewöhnlichen befestigten Adelswohnsitz, sondern planten ein Machtzentrum von überregionaler Bedeutung.

Vom Dorf zur Stadt... und wieder zum Dorf

Während der Begriff "Stadt" heute in der Regel mit großen Siedlungen von mehreren tausend Einwohnern assoziiert wird, hatte er im Mittelalter eine andere Bedeutung. Die Einwohnerzahl war viel geringer, Siedlungen mit mehr als 100 Bewohnern galten als groß. Köln war mit 40.000 Menschen die größte Stadt in Mitteleuropa. Der Titel hatte vielmehr juristische Bedeutung, mit Verleihung der Stadtrechte waren die Einwohner unabhängiger.

In der Mitte des 13. Jahrhunderts dürften innerhalb der Blankenberger Stadtmauern etwa 300 Einwohner gelebt haben. Es gab dort jedoch ausreichend Platz für schätzungsweise 500-800 Einwohner, die Stadtfläche war also auf weiteres Wachstum ausgelegt. Hinzu kamen die umliegenden Dörfer und Höfe. So sollte Blankenberg vielleicht die Größe Siegburgs erreichen. Doch das geschah nicht. Warum? Dafür gibt es zwei wichtige Gründe: Einerseits starben 1248 mit Heinrich III von Sayn dessen Expansionsbestrebungen. Zweitens liegt der Ort zwar strategisch äußerst günstig, doch die Berglage hat Nachteile für Wirtschaft und Handel, und damit auch für das Wachstum einer Siedlung. Somit stagnierte die Einwohnerentwicklung. Mit ihrer Unabhängigkeit als Machtzentrum verlor die Stadt Blankenberg auch ihre Bedeutung. Die Pest und der Dreißigjährige Krieg taten ihr Übriges. Während die Städte am Rhein und an der unteren Sieg wuchsen, blieb Blankenberg ein Dorf, das seine Stadtrechte schließlich verlor und sie heute nur noch im Namen tragen darf.

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Wie zerronnen, so gewonnen

Auf der einen Seite mag es bedauerlich erscheinen, dass Stadt Blankenberg nicht zu dem wurde, was die Grafen von Sayn sich einst erdachten. Doch ausgerechnet der Niedergang Blankenbergs ist aus heutiger Sicht ein großes Glück. Die meisten bedeutenden Städte wuchsen mit der Zeit so sehr, dass der Bauplatz innerhalb der Mauern nicht mehr reichte. Es wurden immer wieder Erweiterungen vorgenommen und die unnützen, alten Mauern mussten Häusern oder Straßen weichen. Bis ins 20. Jahrhundert wurden große Teile der Stadtbefestigungen niedergelegt. Eben weil das in Blankenberg ausblieb, darf sich der Ort nun rühmen, eine der am besten erhaltenen hochmittelalterlichen Stadtmauern in Deutschland zu besitzen. Seit ihrem Bau im 12. und 13. Jahrhundert fanden kaum bauliche Veränderungen statt. Nicht einmal die für Langbögen konzipierten Schießscharten wurden an neue Militärtechnik angepasst. Lediglich die Nutzung als bequemer Steinbruch hinterließ einige Spuren. Das gleiche Schicksal teilte die Burg, die mit dem Verlust ihrer Funktion einiges einstecken musste, aber doch so bedeutsam blieb, dass sie im Gegensatz zu den meisten Burgen nicht gänzlich verschwand.

Nachdem die Burg in den 1990er und 2000er Jahren saniert wurde, wird in den kommenden Jahren eine aufwändige Sanierung der Stadtmauer durchgeführt. Nach Abschluss der Arbeiten ist das bedeutungsvolle Großbauwerk hoffentlich für die nächsten Jahrhunderte gesichert.


Quellen

(1) Eigene Messung auf Kartengrundlage
(2) Alexander Antonow: Burgen im Main-Viereck. Breuberg, Freudenberg, Miltenberg, Prozelten, Rothenfels, Wertheim, Wildenberg. Frankfurt a.M. 1987
(3)  www.koeln.de/tourismus/sehenswertes/stadtmauern/stadtmauern_36757.html
   

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